Die Schwedische Akademie der Wissenschaften verkündete am 7ten Oktober 2015, dass der diesjährige Nobelpreis für Chemie zu gleichen Teilen an drei Biochemiker geht.
Der gebürtige Schwede Tomas Lindahl (77) arbeitete unter anderem am Karolinska-Institut, an der Universität Göteborg, forschte für den Imperial Cancer Research Fund in London und ist derzeit am Francis Crick Institute in Hertfordshire (Großbritannien) tätig.
Der US-Amerikaner Paul Modrich (69) studierte am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und der Stanford University. Er arbeitet derzeit am Howard Hughes Medical Institute der Duke University in Durham (US-Bundesstaat North Carolina).
Aziz Sancar (69), geboren in der Türkei, studierte an der Universität Istanbul und dissertierte an der University of Texas. Er ist derzeit Sarah Graham Kenan Professor für Biochemie und Biophysik an der University of North Carolina in Chapel Hill. Sancar ist türkischer und US-amerikanischer Doppelstaatsbürger.
Die drei Forscher wurden für die Entschlüsselung der Reparatur-Prozesse beschädigter DNA in Zellen und der Sicherung genetischer Information ausgezeichnet. Ihre Arbeit ermöglichte grundlegende Erkenntnisse zur Funktion lebender Zellen und sei für die Entwicklung neuer Krebstherapien von enormer Bedeutung, hieß es in der Begründung der Akademie. Die Erforschung der DNA hat auch zuvor schon mehreren Forschern diesen begehrten Preis verschafft. So erhielt Alexander Todd für seine Untersuchungen der Primärstruktur von Desoxyribonukleinsäure (DNS) den Chemie-Nobelpreisträger im Jahr 1957. Francis Crick, James Watson und Maurice Wilkins wurden im Jahr 1962 für die Entdeckung der DNA-Struktur – sie ist eine Doppelhelix - auch mit dem Nobelpreis prämiert.
„Molekulare Werkzeugkiste“ korrigiert Instabilität der DNA
Jeden Tag wird unsere DNA durch Umwelt-Faktoren wie z.B. UV-Strahlung beschädigt. Ständig treten tausende spontane Änderungen im Genom einer Zelle auf. Defekte können auch während der Zellteilung entstehen, einem Prozess, der mehrere Millionen Mal täglich im Körper abläuft.
Noch in den 1970er-Jahren dachte man, dass die DNA ein sehr stabiles Molekül sei. Tatsächlich aber hat sich gezeigt, dass ein DNA-Molekül auch ohne Umwelteinflüsse von Natur aus instabil ist. Die Forschungen der drei diesjährigen Preisträger drehen sich um den "Werkzeugkasten", der unserem Körper zur Verfügung steht, um solchen Schäden entgegenzuwirken.
Arbeiten von drei Forschern ausgezeichnet
Lindahl konnte zeigen, dass DNA mit einer Rate zerfällt, die die Entwicklung von Leben auf der Erde unmöglich machen müsste. Diese Feststellung führte ihn zur Entdeckung einer molekularen "Maschine", die dem Zusammenbruch der DNA laufend entgegenwirkt: die sogenannte Basenexzisionsreparatur.
Sancar untersuchte wiederum den Mechanismus, mit dem Zellen UV-Schäden reparieren, die Nukleotidexzisionsreparatur. Menschen, bei denen ein Defekt in diesem Reparatursystem besteht, entwickeln schon bei geringem Kontakt mit Sonnenlicht Hautkrebs. Es zeigte sich, dass Zellen dasselbe System nutzen, um Defekte durch erbgutverändernde Substanzen zu korrigieren.
Modrich zeigte schließlich, wie Zellen Fehler korrigieren, die bei der Verdoppelung, der so genannten Replikation, der DNA während der Zellteilung auftreten. Dieser Mechanismus reduziert die Fehlerhäufigkeit um das Tausendfache. Der Forscher konnte in weiterer Folge Schritt für Schritt aufklären, welche Enzyme an der sogenannten DNA-Mismatch-Reparatur beteiligt sind und wie diese detailliert abläuft.
Diese grundlegenden Erkenntnisse hätten das Verständnis der Funktionsweise von Zellen auf eine völlig neue Ebene gehoben, so das Nobelkomitee. Die Auszeichnung ist wie im Vorjahr mit acht Millionen schwedischen Kronen (848.000 Euro) dotiert. Übergeben wird der Preis alljährlich am 10. Dezember, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel
Verbreitung der Erkenntnisse aus DNA-Forschung
Lindahl zu seiner Auszeichnung:
"Ich wusste, dass ich über die Jahre für den Preis in Betracht gezogen worden bin, aber das sind hundert andere genauso", so Lindahl am Telefon bei der Nobel-Pressekonferenz. "Ich fühle mich sehr glücklich und bin stolz darauf, heute ausgewählt worden zu sein."
Die Wissenschaft ist mittlerweile ein so breites Gebiet, dass es schwer ist, von wenigen Personen zu sagen, dass sie ein Feld maßgeblich vorangetrieben haben. "Innerhalb der Forschung zur DNA-Reparatur und -Wartung entspricht der Bereich der drei Nobelpreisträger etwa zehn Prozent", sagt Franz Klein von den Max F. Perutz Laboratories in Wien im Gespräch mit der APA. Er vertritt auch die Meinung, dass die Erkenntnisse zur DNA-Reparatur schon lange bei Forschern bekannt sind, die Erkenntnisse aus diesem Feld jedoch unter Medizinern kaum verbreitet sind. Das sollte sich nun mit den diesjährigen Nobelpreisträgern ändern. Anwendungsmöglichkeiten gäbe es zum Beispiel im Kampf gegen Krebs.
Quelle:
http://text.derstandard.at/2000023314419/Chemienobelpreis-2015-fuer-Entschluesselung-der-DNA-Reparatur vom 7.10.2015
Erstellt am 9.Oktober 2015
s, 14.10.2015