distractinglysexy: Wissenschaftlerinnen twittern gegen Nobelpreisträger

Ein Signal in Richtung Geschlechtergerechtigkeit und Sichtbarkeit von Wissenschaftlerinnen wurde im Rahmen des 650-Jahr-Jubiläums mit einer Sprechchoraufführung an der Universität Wien gesetzt. Ein Signal in die gegenteilige Richtung setzte der Nobelpreisträger Tim Hunt mit einer frauenfeindlichen Äußerung auf einer Konferenz. Mit beißendem Humor kontern jetzt Wissenschaftlerinnen auf Twitter unter dem Hashtag #distractinglysexy.

118 Jahre „weibliche“ Uni Wien

Die Uraufführung des Textes „Schlüsselgewalt“ von Elfriede Jelinek als Sprechchor an der Universität Wien im Rahmen der 650-Jahr-Feier stellt den langen Ausschluss von Frauen aus der Wissenschaft in den Mittelpunkt. Erst 1897 wurden Frauen für ein ordentliches Universitätsstudium an der Uni Wien zugelassen. Die 118 seither vergangenen Jahre wurden durch einen 118-köpfigen Frauen-Sprechchor zum Ausdruck gebracht. Die Literaturnobelpreisträgerin hatte den Text speziell für das Jubiläum verfasst.

3 Dinge, die passieren wenn...

Doch dass die sichtbare Teilhabe von Frauen in der Wissenschaft leider auch heute noch keine Selbstverständlichkeit ist, hat kürzlich ein anderer Nobelpreisträger bewiesen. Der britische Medizin-Nobelpreisträger und Biochemiker Tim Hunt hatte auf einer Konferenz vor Wissenschaftsjournalisten am 9. Juni in Südkorea getrennte Labore für Frauen und Männer vorgeschlagen. Denn sonst würden, wie er aus seiner Erfahrung wisse, drei Dinge im Labor passieren: „Du verliebst dich in sie, sie verlieben sich in dich, und wenn du sie kritisierst, fangen sie an zu heulen.“ Diese Äußerung stieß auf scharfe Kritik. Hunt legte daraufhin sein Amt als Honorarprofessor am University College London (UCL) nieder um einer Kündigung zu entgehen.

Sarkastische Twitter-Reaktionen

Initiiert vom Online-Magazin Vagenda posteten Wissenschaftlerinnen weltweit währenddessen bereits eifrig Bilder von sich bei der Arbeit online auf Twitter. Unter #distractinglysexy („ablenkend sexy“) finden sich dort nun etwa Bilder von Wissenschaftlerinnen mit Schutzbrille, Overall oder Kittel im Labor. Mit sarkastischen Titeln wie „Ich habe mich in die Mikrozentrifuge verliebt ... eine typische Frau im Labor“ persiflieren die Wissenschaftlerinnen so gekonnt Hunts Kommentar.

Auch nach 118 Jahren sind Frauen im akademischen Umfeld weiterhin einem Genderbias ausgesetzt. Aktionen wie #distractinglysexy und der Sprechchor an der Universität Wien tragen auf ihre je eigene Weise dazu bei, Frauen in der Wissenschaft sichtbarer zu machen und geschlechterstereotypen Vorstellungen entgegenzuwirken.

Erstellt am: 15.6.2015

Quellen:

APA: Universität Wien - Jelinek Sprechchor zur Geschlechtergerechtigkeit

APA: Nobelpreisträger legte Professur wegen Sexismus-Vorwürfen nieder

s, 15.06.2015