Das Thema Krebs tritt derzeit gleich von mehreren Seiten ins Radar der Öffentlichkeit - vom 29-11 bis 2-12-2014 fand in Wien der Zentraleuropäische Lungenkrebskongress statt, an dem sich Lungenkrebsspezialisten der Region austauschten. Kongresspräsident Univ.-Prof. Dr. Robert Pirker (MedUni Wien/AKH Wien) war erst kürzlich am BürgerInnen-Dialog „Maßgeschneiderte Medizin für mich?“ für Open Science als Vortragender aktiv. In seinem Vortrag wies er auf die hohe Neuerkrankungsrate bei Lungenkrebs in Österreich hin: ca. 4000 Menschen erkranken bei uns jährlich an der Krankheit, davon immer mehr Frauen . Etwa 15% der PatientInnen können derzeit geheilt werden. 85% aller LungenkrebspatientInnen sind aktive oder ehemalige RaucherInnen, folglich war Pirkers zentrale Message auch, dass Lungenkrebs in vielen Fällen vermeidbar ist.
Gemeinsam mit anderen österreichischen ExpertInnen nannte Pirker bei einer Pressekonferenz im Vorfeld des Kongresses auch einige „Gegenmittel“ für Lungenkrebs: präventives Zurückdrängen des Rauchens, Rauchertherapie und Screening-Untersuchungen schwerer Raucher zur Früherkennung. Gerade Österreich ist mit Raucherquoten von bis zu 40 Prozent der Bevölkerung laut der Wiener Spezialistin Andrea Mohn-Staudner (SMZ Baumgartner Höhe) aber auf dem Gebiet der Prävention säumig: „Auf der ‚Tabak-Kontroll-Skala‘ für 2013 landete Österreich mit 31 von möglichen hundert Punkten auf dem letzten Platz.“ Das Nachbarland Ungarn sei mit 48 Punkten wesentlich besser und habe stark aufgeholt. Die Situation, in der sich Österreich befinde, sei „eine ziemliche Schande“. Die Forderung nach einem generellen Rauchverbot in der Gastronomie wird von den meisten Fachleuten unterstützt.
Erst vor ein paar Wochen hat ein Expertengremium des Gesundheitsministeriums das erste österreichische Krebsrahmenprogramm präsentiert, in dem auch ähnliche Empfehlungen in Richtung Prävention zu finden sind. Die empfohlen Maßnahmen reichen jedoch auch von der Epidemiologie, Diagnose, Therapie über Patientenversorgung und Forschung bis hin zur Palliativversorgung (Betreuung von Kranken im Endstadium). Das österreichische Krebsrahmenprogramm soll laut der Sektionsleiterin für Öffentliche Gesundheit im Gesundheitsministerium, Pamela Rendi-Wagner, vor allem als Strategiepapier dienen. Wie Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser im Vorwort erklärt: „Erfahrungen in anderen europäischen Ländern haben gezeigt, dass die Umsetzung eines Krebsrahmenprogramms einen wichtigen Beitrag zur Senkung von Erkrankung und Mortalität leisten kann.“ Jetzt zieht man also auch in Österreich nach, denn schließlich ist Krebs hierzulande als zweithäufigste Todesursache ein zentrales Gesundheitsproblem. Das Rahmenprogramm formuliert folgende übergreifende strategische Ziele für die Zukunft:
Mit dem „Verbessern der Finanzierung von unabhängiger Krebsforschung“ wird auf eine langjährige Forderung der klinischen Krebsforschung in Österreich Rücksicht genommen. Es soll zunächst zu einem Monitoring der Projekte und Förderungen kommen. Wichtige Vertreter des Fachbereiches sollen auch ein Konzept zur Verbesserung der Finanzierungsmöglichkeiten solcher Forschungsprojekte in Österreich erarbeiten. Auch ein psychoonkologisches Betreuungsangebot soll in ganz Österreich angepeilt werden. Für KrebspatientInnen im Endstadium der Erkrankung soll es darüber hinaus zu einer „bedarfsgerechten Versorgung durch Vorhalten entsprechender spezialisierter Palliativ- und Hospizeinrichtungen“ kommen. Gleichzeitig soll auch die onkologische Rehabilitation für die Krebspatienten sichergestellt werden. „Bei der Palliativversorgung haben wir in Österreich eine massive Aufholjagd gemacht. Beim Hospizsystem ist aber die Finanzierung nicht ganz gesichert“, so Hellmut Samonigg, Grazer Onkologe und Mitglied der ExpertInnengruppe. Auch bei der ambulanten Hospizversorgung gebe es Lücken zu schließen.
Laut Samonigg wird die Zahl der in Österreich mit Krebs lebenden und medizinisch zu versorgenden Menschen bis 2030 um rund 100.000 ansteigen. Positiv formuliert könnte es jedoch heißen: Ermöglicht wird dies vor allem durch die immer besseren Behandlungsmöglichkeiten, die nicht zuletzt auch durch Entwicklungen der personalisierten Medizin entstehen. Richard Greil, Onkologe von der Universitätsklinik für Innere Medizin in Salzburg, betonte im Zuge der Veröffentlichung des Krebsrahmenprogramms: „Wir sehen, dass in 28 Jahren die Krebsmortalität um 38 Prozent abgenommen hat.“ Zwischen 1995 und 2000 betrug die Abnahme vor allem durch den medizinischen Fortschritt jährlich 0,8 Prozent, zwischen den Jahren 2000 und 2005 jährlich sogar 1,8 Prozent. Ein Drittel der Unterschiede im Überleben von Krebspatienten hängt schlicht und einfach davon ab, wie schnell man Zugang zu Diagnoseschritten hat. Wie lange das in welchen Regionen in Österreich dauert, womit im Einzelfall behandelt wird und um welche Tumorart mit welchen molekularen Eigenschaften es sich handelt, darüber gibt es in Österreich in vielen Fällen noch keine guten Vergleichsdaten. Das, so eine weitere Forderung, solle sich in Zukunft ändern. Dabei, so Monika Hackl von der Statistik Austria, werden viele der Informationen an sich schon erhoben, nur eben nicht wirklich verwertbar registriert.
Erstellt am: 1. Dezember 2014
Quellen:
s, 01.12.2014